Gerd Domhardt

Gerd Domhardt, Kloster Michaelstein 1993

Gerd Domhardt (* 19. Februar 1945 in Wolmirstedt; † 18. Februar 1997 in Halle) war ein deutscher Komponist, Musikwissenschaftler und Dirigent.

Leben

Gerd Domhardt wurde vor Kriegsende 1945 als Sohn eines Glasbläsers und einer Schneiderin in Wolmirstedt unweit von Magdeburg in der preußischen Provinz Sachsen geboren. Er wuchs in Schleusingerneundorf bei Suhl auf und erhielt in seiner Kindheit und Jugend Violinunterricht.

Von 1963 bis 1968 studierte er Musikerziehung bei Siegfried Bimberg, Musikwissenschaft bei Walther Siegmund-Schultze und Germanistik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Weitere musikalische Prägung erfuhr er bei den Hallenser Madrigalisten, deren Mitglied er von 1963 bis 1973 war. Unter Olaf Koch war er zudem bis 1969 am Staatlichen Sinfonieorchester Halle tätig. Als Lektor für Chormusik arbeitete er von 1969 bis 1973 beim VEB Deutscher Verlag für Musik im benachbarten Leipzig.

Von 1973 bis 1976 war er Meisterschüler für Komposition bei Ruth Zechlin an der Akademie der Künste der DDR in Berlin (Ost). Seit dieser Zeit wurde der Komponist stark von der westeuropäischen Avantgarde beeinflusst.

Gemeinsam mit Hans Jürgen Wenzel aus Halle, Günther Eisenhardt aus Dessau und Thomas Müller aus Magdeburg begründete er Ende der 1970er Jahre die Komponistenklasse Halle, in der er Komposition und Kontrapunkt unterrichtete. Einige Absolventen der Einrichtung wurden bekannte Komponisten. Ab 1987 war er Lehrbeauftragter für die Musik des 20. Jahrhunderts am Institut für Musikwissenschaft der Martin-Luther-Universität in Halle. Außerdem war er Gastdozent bei Kompositionskursen im In- und Ausland. Domhardt war Mitglied des Zentralvorstandes des Verbandes der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR. In Halle (Saale) leitete er bis 1995 den Landesverband Sachsen-Anhalt Deutscher Komponisten e. V. und die Hallischen Musiktage. Darüber hinaus war er Initiator und künstlerischer Leiter der Konzertreihe „Annäherung – Neue Musik im Gespräch“ im Händel-Haus, die internationalen Komponisten ein Podium bot. In der Händelstadt wurden einem überregionalen Publikum Komponistenporträts westlicher Komponisten gezeigt.

Domhardts Musik wurde u. a. durch das Händelfestspielorchester Halle und das Gewandhausorchester Leipzig aufgeführt. Beim Festakt „20 Jahre Land und Landtag Sachsen-Anhalt“ (2010) in Magdeburg erklung seine Komposition Zu einer Radierung Goyas von 1970.[1]

Zuletzt lebte und wirkte Domhardt als freischaffender Komponist in Halle, wo er im Jahre 1997 starb.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

Domhardts Musik erschien beim Deutschen Verlag für Musik in Leipzig, beim Verlag Neue Musik in Berlin, bei der C.F. Peters Musikverlag in Frankfurt am Main, beim Friedrich Hofmeister Musikverlag in Leipzig und beim Domus Verlag in Halle. Er komponierte Vokalmusik, darunter zahlreiche Lieder, eine Oper, Instrumentalmusik (Orchesterwerke, Konzerte und Kammermusik) sowie Hörspiel- und Schauspielmusiken.

  • Weiberkomödie, Oper nach Heiner Müller
  • zwei Sinfonien
  • zwei Kammersinfonien
  • zwei Streichquartette
  • Konzert für Viola und Orchester
  • HÖLDERLIN á CAPPELLA für gemischten Chor
  • ASSOZIATIONEN für gemischten Chor a cappella
  • Violinsonate
  • Streichsextett
  • Kantate In memoriam Lenin, Auftragsarbeit für die Betriebsfestspiele des Chemiekombinats Bitterfeld 1970
  • SOTTO VOCE für Kammerensemble
  • Quadrosonata für Kammerensemble
  • ORPHEUS Fragmente I für zwei Gitarren
  • ORPHEUS Fragmente II in memoriam Víctor Jara für Sprecher und 7 Instrumente
  • ORPHEUS für Englischhorn und Streichorchester
  • ORPHEUS Fragmente III für Englischhorn, Fagott, Viola und Gitarre
  • INVOCACIÓN für achtstimmigen Chor a cappella auf Worte von Pablo Neruda (in memoriam Paul Dessau), deutscher Text: Erich Arendt/Stephan Hermlin – 1979, Auftragswerk des Rundfunks der DDR

Hörspiele

Rundfunk der DDR

Sender Freies Berlin / Fachhochschule Brandenburg

  • 1991: Lutz Volke: Vielleicht hätte sich Trapezunt gelohnt. Günter Eich – Ein Erinnern – Regie: Peter Groeger

DS Kultur

  • 1992: Joachim Knauth: Aretino oder Ein Abend in Mantua – Regie: Peter Groeger

Literatur

  • Domhardt, Gerd. In: Wilfried W. Bruchhäuser: Komponisten der Gegenwart im Deutschen Komponisten-Interessenverband. Ein Handbuch. 4. Auflage. Deutscher Komponisten-Interessenverband, Berlin 1995, ISBN 3-555-61410-X, S. 233.
  • Thomas Buchholz: Die Verantwortung der Töne. Zum Tode des Komponisten Gerd Domhardt. In: Händel-Hausmitteilungen 1/1997, S. 38 f.
  • Ulrike LiedtkeDomhardt, Gerd. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Supplement für beide Teile. Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2008, ISBN 978-3-7618-1139-9 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
  • Ulrike Liedtke: Domhardt, Gerd. In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
  • Ulrike Liedtke: Gerd Domhardt. In: Komponisten der Gegenwart (KDG). Edition Text & Kritik, München 1996, Loseblattsammlung.
  • Domhardt, Gerd. In: Brockhaus-Riemann Musiklexikon. CD-Rom. Directmedia Publishing, Berlin 2004, ISBN 3-89853-438-3, S. 12221.

Weblinks

  • Werke von und über Gerd Domhardt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Gerd Domhardt in der MusicSack-Datenbank
  • Ulrike Liedtke: Gerd Domhardt KDG – Komponisten der Gegenwart, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  • Stefan Amzoll: Die Komponisten Gerd Domhardt und Hans-Jürgen Wenzel. Deutschlandfunk (Atelier neuer Musik), 14. März 2015.
  • Steckbrief zu Gerd Domhardt beim LVDK Sachsen-Anhalt
  • Work List bei G. Schirmer

Einzelnachweise

  1. Torsten Gruß: „An die Arbeit“. Land und Landtag Schsen-Anhalt wurden 20. In: Präsident des Landtages von Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Festakt „20 Jahre Land und Landtag Sachsen-Anhalt“. Magdeburg 2010, S. 1f.
  2. Musik und Gesellschaft, 1975, 25, S. 575.
  3. Gilbert Stöck: Neue Musik in den Bezirken Halle und Magdeburg zur Zeit der DDR. Kompositionen, Politik, Institutionen. Schröder, Leipzig 2008, ISBN 978-3-926196-50-7, S. 181.
  4. Andreas Johannes Wiesand (Hrsg.): Handbuch der Kulturpreise. Preise, Ehrungen, Stipendien und individuelle Projektförderungen für Künstler, Publizisten und Kulturvermittler. 4. Neuausgabe, ARCult Verlagsbuchhandlung Kultur & Wissenschaft, Bonn 2001, ISBN 3-930395-24-X, S. 7.
  5. Andreas Johannes Wiesand (Hrsg.): Handbuch der Kulturpreise. Preise, Ehrungen, Stipendien und individuelle Projektförderungen für Künstler, Publizisten und Kulturvermittler. 4. Neuausgabe, ARCult Verlagsbuchhandlung Kultur & Wissenschaft, Bonn 2001, ISBN 3-930395-24-X, S. 987.

Peter Dorn, Gerhard Rosenfeld, Ruth Zechlin (1968) | Siegfried Matthus, Wolfgang Strauß (1969) | Gerhard Rosenfeld (1970) | Jürgen Elsner, Inge Lammel (1971) | Gerhard Tittel, Peter Wicke, Udo Zimmermann (1972) | Friedrich Goldmann, Rainer Kunad, Hans-Joachim Schulze, Udo Zimmermann (1973) | keine Verleihung (1974) | Frank-Volker Eichhorn, Winfried Höntsch, Friedrich Schenker (1975) | Willy Focke (1976) | Manfred Schubert, Manfred Weiss (1977) | Paul-Heinz Dittrich, Thomas Böttger (1978) | Manfred Grabs, Peter Herrmann, Bert Poulheim (1979) | Wilfried Krätzschmar, Günter Neubert, H. Johannes Wallmann (1980) | Thomas Ehricht, Bernd Franke, Heinz Weitzendorf (1981) | Gerd Domhardt, Thomas Hertel (1982) | Rainer Böhm, Reiner Dennewitz, Hans-Peter Jannoch (1983) | Ralf Hoyer, Burkhard Meier, Reinhard Pfundt, Kurt Dietmar Richter (1984) | Günter Mayer (1985) | Gottfried Glöckner, Fritz Hennenberg, Reinhard Pfundt (1986) | Walter Thomas Heyn, Helmut Zapf (1987) | Reinhard Wolschina, Olav Kröger (1988) | Johannes Schlecht, Steffen Schleiermacher, Frank Schneider (1989) | Christian Münch, Helmut Oehring, Annette Schlünz (1990) | Klaus Martin Kopitz, David Citron, Hans Tutschku (1991)

Normdaten (Person): GND: 12413999X (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n81062084 | VIAF: 37843270 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Domhardt, Gerd
KURZBESCHREIBUNG deutscher Komponist
GEBURTSDATUM 19. Februar 1945
GEBURTSORT Wolmirstedt
STERBEDATUM 18. Februar 1997
STERBEORT Halle