Sonderverband Bergmann

Abzeichen des Sonderverbands Bergmann
Abzeichen des Sonderverbands Bergmann

Der Sonderverband Bergmann war ein nach dem Beginn des Deutsch-Sowjetischen Kriegs am 14. Oktober 1941 zuerst in Neuhammer (bis zum Dezember), später in Mittenwald (Ausbildungszentrum der Gebirgsjäger der Wehrmacht) aufgestellter Verband der Abwehr der Wehrmacht, der aus deutschen Vorgesetzten und kaukasischen Freiwilligen, d. h. Georgiern, Nordkaukasiern, Armeniern und Aserbaidschanern bestand. Mehrere Offiziere kamen aus dem vornehmlich in Frankreich lebenden kaukasischen Emigrantenkreis. Militärhistoriker schätzen, dass rund hunderttausend Kaukasier während des Zweiten Weltkrieges in deutschen Formationen gegen die sowjetische Regierung gekämpft haben. Eine antisowjetische Einstellung und kaukasischer Nationalismus dienten der deutschen Kriegsführung. Stefan Meining meint, dass die freiwillige Meldung auch eine Möglichkeit darstellte, aus der deutschen Kriegsgefangenschaft herauszukommen.

Aufstellung

Der Verband wurde unter Führung des Bau-Lehr-Bataillons z. b. V. 800 „Brandenburger“ unter Oberleutnant Theodor Oberländer aufgestellt und ausgebildet. Erkennungszeichen der Angehörigen war ein stilisierter kaukasischer Kindjal-Dolch, der an der linken Seite der Bergmütze getragen wurde. Ab 1942 erfolgte der Einsatz der ersten fünf Kompanien im Kaukasus – 1./ Georgier und deutsches Rahmenpersonal, 2./ Nordkaukasier, 3./ Aserbaidschaner und deutsches Rahmenpersonal, 4./ Georgier und Armenier, 5./ Stabskompanie aus kaukasischen Emigranten (Stärke: ungefähr 30 Mann); im Ganzen 1.200 Mann (900 Kaukasier, 300 Deutsche). Zusätzlich wurden zwei Kavallerieschwadrone aufgestellt.

Oberländers Vertreter war der in Russland aufgewachsene Sonderführer W. von Kutschenbach, der fließend Russisch und Aserbaidschanisch sprach. Offiziell war der Sonderverband der Bergkaukasischen Legion unterstellt, später der Nordkaukasischen Legion. Führungsmäßig wurde der Sonderverband aber von der Abwehr geführt.

Nach Fallschirmlandung führte mit dem Unternehmen Schamil in Tschetschenien eine Kommandoteileinheit aus 10 Deutschen und 15 Nordkaukasiern Kampfeinsätze zur Sicherung des deutschen Rückzuges aus dem Kaukasus durch. Der Verband war, nachdem er durch Überläufer angewachsen war, ab 1943 auf der Krim stationiert, wo er erfolgreich gegen überlegene, vorstoßende sowjetische Truppen kämpfte.

Nach der Aufteilung in mehrere Bataillone und der Absetzung von Oberländer als Kommandeur wurden mehrere Bataillone nach Griechenland versetzt. Das aserbaidschanische II. Bataillon kämpfte weiter beim Rückzug aus Russland und wurde mit der Einheit „Dirlewanger“ zur Niederschlagung des Aufstandes der polnischen Untergrundarmee 1944 in Warschau eingesetzt. Dort und auch in anschließenden Rückzugsgefechten an der Ostfront waren die Verluste hoch, und verbliebene Soldaten von II./Bergmann bildeten zusammen mit Aserbaidschanern aus einer anderen Einheit (I./111) das III. Bataillon des am 27. März 1945 neu aufgestellten Grenadier-Regiments 1607. Sie erlebten das Kriegsende an der Westküste Dänemarks.

Galerie

  • Theodor Oberländer
  • Kindjal – Vorbild des Truppenerkennungs-Abzeichens
    Kindjal – Vorbild des Truppenerkennungs-Abzeichens
  • Soldaten des II. Bataillons Bergmann 1944 in Polen
    Soldaten des II. Bataillons Bergmann 1944 in Polen

Literatur

  • Alexander Dallin: Deutsche Herrschaft in Russland 1941 – 1945. Eine Studie über Besatzungspolitik. Droste, Düsseldorf, 1958, S. 559 (Unveränderter Nachdruck: Athenäum-Verlag, Königstein 1981, ISBN 3-7610-7242-2 Athenäum-Droste-Taschenbücher – Geschichte, 7242)
  • Joachim Hoffmann: Kaukasien 1942/43. Das deutsche Heer und Orientvölker der Sowjetunion. Rombach, Freiburg 1991, ISBN 3-7930-0194-6, S. 46–47, 56, 195, 267 (Einzelschriften zur Militärgeschichte 35)
  • Albert Jeloschek, Friedrich Richter, Ehrefried Schütte, Johannes Semler: Freiwillige vom Kaukasus. Georgier, Armenier, Aserbaidschaner, Tschetschenen und andere auf deutscher Seite. Der „Sonderverband Bergmann“ und sein Gründer Theodor Oberländer. Leopold Stocker Verlag, Graz 2003, ISBN 3-7020-0984-1
  • Valentin Bojzow: Aspekte der militärischen Kollaboration in der UdSSR von 1941 bis 1944. In: Werner Röhr (Hrsg.): Okkupation und Kollaboration 1938 – 1945. Beiträge zu Konzepten und Praxis der Kollaboration in der deutschen Okkupationspolitik. Hüthig, Berlin 1994, ISBN 3-8226-2492-6, S. 294–317 Reihe: Europa unter dem Hakenkreuz. Ergänzungsband. 1
  • Philipp-Christian Wachs: Der Fall Theodor Oberländer. (1905–1998). Ein Lehrstück deutscher Geschichte. Campus, Frankfurt 2000, ISBN 3-593-36445-X Diss. phil. Universität der Bundeswehr München, 1999
  • Stefan Meining: Eine Moschee in Deutschland. Nazis, Geheimdienste und der Aufstieg des politischen Islam im Westen. C. H. Beck, München 2011, ISBN 3-406-61411-6 (Zuerst ARD-Sendung) Auch als Amazon Kindle

Weblinks

Commons: Sonderverband Bergmann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Roman'ko O. V. Musul'manskije legionĭ vo Vtoroj mirovoj vojne (Moslemische Legionen während des Zweiten Weltkrieges, russisch)
  • Kavkaz budet svobodnĭm! („Kaukasien wird frei!“ Deutsches Plakat)
  • Čečenskaja hronika za vse veka. Sergej Piskunov. 2003 (Tschetschenische Chronik. Alle Jahrhunderte) (Anm.: Darstellung des Sachverhalts im Geiste der russischen chauvinistischen Propaganda)
  • Sonderverband Bergmann
  • Bezugol'nĭj A. Ju.: Narodĭ Kavkaza v Vooružonnĭh Silah SSSR v godĭ Velikoj Otečestvennoj vojnĭ. Autoreferat 2004 (Kaukasusvölker in der Sowjetarmee während des Großen Vaterländischen Krieges, russisch; PDF)
  • Ramaničev N.М.: Vlasov i drugije. 2006 (Vlasov und die andere)
  • Andersen, E.: Gruzinĭ «po tu storonu»: 1941 – 1945 (Georgier „an der anderen Seite“: 1941–1945) (Anm.: Mit mehreren Ungenauigkeiten. „Bergmann“s Symbol ist als „georgisches“ gezeigt und unexakte Armlitze der „Bergkaukasischen Legion “ steht unter der Überschrift «Sonderverband „Bergmann“»)
  • Nenahov, Ju.: Vojska special'nogo naznačenija vo Vtoroj mirovoj vojne (Die Truppen für besondere Zweckbestimmungen während des Zweiten Weltkrieges) (Anm.: Mit der odiosen Behauptung, dass „der größere Teil der Sonderverbänder wurde nach der Fallschirmlandung in Kaukasien untergegangen“)