Kähler-Mannigfaltigkeit

In der Mathematik bezeichnet man mit Kähler-Mannigfaltigkeit (nach Erich Kähler) eine glatte Mannigfaltigkeit zusammen mit einer komplexen Struktur und einer riemannschen Metrik (im Sinne einer riemannschen Mannigfaltigkeit), die miteinander verträglich sind.

Der Begriff der Kähler-Mannigfaltigkeit findet Anwendung in der Darstellungstheorie von Lie-Gruppen und ist ein zentraler Begriff der geometrischen Quantisierung. Ein auch in der Stringtheorie wichtiges Beispiel für Kähler-Mannigfaltigkeiten sind Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten.

Definitionen

Symplektische Sichtweise

Eine Kähler-Mannigfaltigkeit ist eine symplektische Mannigfaltigkeit ( X , ω ) {\displaystyle (X,\omega )} ausgestattet mit einer integrierbaren fast komplexen Struktur J {\displaystyle J} , welche mit der symplektischen Form ω {\displaystyle \omega } kompatibel ist, was bedeutet, dass die bilineare Form

g ( u , v ) = ω ( u , J v ) {\displaystyle g(u,v)=\omega (u,Jv)}

auf dem Tangentialraum von X {\displaystyle X} an jedem Punkt symmetrisch und positiv definit ist.

Komplexe Sichtweise

Eine Kähler-Mannigfaltigkeit ist eine komplexe Mannigfaltigkeit X {\displaystyle X} mit einer hermitischen Metrik h {\displaystyle h} , dessen zugehörige 2-Form ω {\displaystyle \omega } geschlossen ist. Genauer gesagt, gibt h {\displaystyle h} eine positive bestimmte hermitische Form auf dem Tangentialraum T X {\displaystyle TX} an jedem Punkt von X {\displaystyle X} und die 2-Form ω {\displaystyle \omega } ist definiert durch

ω ( u , v ) = Re h ( i u , v ) = Im h ( u , v ) {\displaystyle \omega (u,v)=\operatorname {Re} h(iu,v)=\operatorname {Im} h(u,v)}

für Tangentialvektoren u {\displaystyle u} und v {\displaystyle v} . Eine Kähler-Mannigfaltigkeit kann auch als Riemannsche Mannigfaltigkeit mit der Riemannschen Metrik g {\displaystyle g} angesehen werden definiert durch

g ( u , v ) = Re h ( u , v ) . {\displaystyle g(u,v)=\operatorname {Re} h(u,v).}

Riemannsche Sichtweise

Sei M {\displaystyle M} eine glatte Mannigfaltigkeit, J : T M T M {\displaystyle J\colon TM\to TM} eine komplexe Struktur, das heißt eine glatte Abbildung J : T M T M {\displaystyle J\colon TM\to TM} mit J 2 = I d {\displaystyle J^{2}=-Id} und g : V ( M ) × V ( M ) C ( M ; R ) {\displaystyle g\colon {\mathcal {V}}(M)\times {\mathcal {V}}(M)\to C^{\infty }(M;\mathbb {R} )} eine riemannsche Metrik, wobei V ( M ) {\displaystyle {\mathcal {V}}(M)} den Raum der glatten Vektorfelder auf M {\displaystyle M} bezeichnet. Das Tripel ( M , J , g ) {\displaystyle (M,J,g)} heißt Kähler-Mannigfaltigkeit, wenn

  • g ( J X , J Y ) = g ( X , Y ) {\displaystyle g(JX,JY)=g(X,Y)}

für alle Vektorfelder X , Y V ( M ) {\displaystyle X,Y\in {\mathcal {V}}(M)} gilt und

  • ω ( X , Y ) := g ( J X , Y ) {\displaystyle \omega (X,Y):=g(JX,Y)} eine symplektische Form

ist. Die 2-Form ω {\displaystyle \omega } heißt dann die Kähler-Form von M {\displaystyle M} und g {\displaystyle g} die Kähler-Metrik.

Falls der Ricci-Tensor proportional zur riemannschen Metrik ist, so spricht man auch von einer Kähler-Einstein- (oder Einstein-Kähler)-Mannigfaltigkeit. Für weitere Details vgl. den Artikel einsteinsche Mannigfaltigkeit.

Hodge-Theorie für Kähler-Mannigfaltigkeiten

Auf einer Riemannschen Mannigfaltigkeit der Dimension N {\displaystyle N} , ist der Verallgemeinerte Laplace-Operator auf glatten r {\displaystyle r} -Formen als Δ d := d d + d d {\displaystyle \Delta _{d}:=dd^{*}+d^{*}d} definiert, wobei d {\displaystyle d} die äußere Ableitung und d := ( 1 ) N r d {\displaystyle d^{*}:=-(-1)^{Nr}\star d\star } ist und {\displaystyle \star } den Hodge-Stern-Operator bezeichnet. Für eine hermitesche Mannigfaltigkeit X {\displaystyle X} werden d {\displaystyle d} und d {\displaystyle d^{*}} zerlegt als

d = + ¯ , d = + ¯ , {\displaystyle d=\partial +{\bar {\partial }},\quad d^{*}=\partial ^{*}+{\bar {\partial }}^{*},}

und es werden zwei weitere Laplace-Operatoren definiert:

Δ ¯ := ¯ ¯ + ¯ ¯ , Δ := + . {\displaystyle \Delta _{\bar {\partial }}:={\bar {\partial }}{\bar {\partial }}^{*}+{\bar {\partial }}^{*}{\bar {\partial }},\quad \Delta _{\partial }:=\partial \partial ^{*}+\partial ^{*}\partial .}

Wenn X {\displaystyle X} Kähler-Struktur besitzt, dann sind diese verallgemeinerten Laplace-Operatoren bis auf eine Konstante identisch:

Δ d = 2 Δ ¯ = 2 Δ . {\displaystyle \Delta _{d}=2\Delta _{\bar {\partial }}=2\Delta _{\partial }.}

Daraus folgt, dass auf einer Kähler-Mannigfaltigkeit X {\displaystyle X} die Gleichheit

H r ( X ) = p + q = r H p , q ( X ) {\displaystyle {\mathcal {H}}^{r}(X)=\bigoplus _{p+q=r}{\mathcal {H}}^{p,q}(X)}

gilt, wobei H r {\displaystyle {\mathcal {H}}^{r}} der Raum harmonischer r {\displaystyle r} -Formen auf X {\displaystyle X} (Formen α {\displaystyle \alpha } mit Δ α = 0 {\displaystyle \Delta \alpha =0} ) und H p , q {\displaystyle {\mathcal {H}}^{p,q}} der Raum harmonischer ( p , q ) {\displaystyle (p,q)} -Formen ist. Das heißt also, dass eine Differentialform α {\displaystyle \alpha } harmonisch ist, wenn alle ihre ( p , q ) {\displaystyle (p,q)} -Komponenten harmonisch sind.

Für eine kompakte Kähler-Mannigfaltigkeit X {\displaystyle X} , gibt die Hodge-Theorie eine Interpretation der obigen Zerlegung, welche nicht von der Wahl der Kähler-Metrik abhängt. Nämlich teilt sich die Kohomologie H r ( X , C ) {\displaystyle H^{r}(X,\mathbb {C} )} von X {\displaystyle X} mit komplexen Koeffizienten als direkte Summe von gewissen kohärenten Garbenkohomologiegruppen:

H r ( X , C ) p + q = r H q ( X , Ω p ) {\displaystyle H^{r}(X,\mathbf {C} )\cong \bigoplus _{p+q=r}H^{q}(X,\Omega ^{p})} .

Die Gruppe auf der linken Seite ist nur von X {\displaystyle X} als topologischer Raum abhängig, während die Gruppen auf der rechten Seiten von X {\displaystyle X} als eine komplexe Mannigfaltigkeit abhängen. Also verbindet der Hodge-Zerlegungs-Satz Topologie und komplexe Geometrie für kompakte Kähler-Mannigfaltigkeiten.

Beispiele

  1. Der komplexe Raum C n {\displaystyle \mathbb {C} ^{n}} .
  2. Ein kompakt komplexer Torus C Λ {\displaystyle \mathbb {C} \setminus \Lambda } .
  3. Jede Riemannsche Metrik auf einer orientierten 2-Mannigfaltigkeit.
  4. Der komplexe projektive Raum C P n {\displaystyle \mathbb {C} P^{n}} und projektive Varietäten X C n {\displaystyle X\subset \mathbb {C} ^{n}} .
  5. Die induzierte Metrik auf einer komplexen Untermannigfaltigkeit einer Kähler-Mannigfaltigkeit ist Kähler. Jede Steinsche Mannigfaltigkeit oder glatte projektive algebraische Varietät ist Kähler.
  6. Hermetisch symmetrische Räume.
  7. Jede K-3 Oberfläche ist Kähler.
  8. Bahnen der koadjungierten Darstellung halb-einfacher Lie-Gruppen.

Siehe auch

Literatur

  • Alan Huckleberry, Tilman Wurzbacher (Hrsg.): Infinite Dimensional Kähler Manifolds (= DMV-Seminar. Bd. 31). Birkhäuser Verlag, Basel u. a. 2001, ISBN 3-7643-6602-8.
  • Andrei Moroianu: Lectures on Kähler Geometry (= London Mathematical Society Student Texts. Bd. 69). Cambridge University Press, Cambridge 2007, ISBN 978-0-521-68897-0.

Weblinks