Hans Memling

Selbstbildnis auf dem Donne-Altar in der National Gallery, London

Hans Memling (* zwischen 1433 und 1440 in Seligenstadt; † 11. August 1494 in Brügge; auch Jan van Mimmelynghe, Johannes Memmelinc oder Memlinc, falsch auch Hemling) war ein deutscher Maler der altniederländischen Schule.

Leben

Seine Mutter war vermutlich Lucia Stirn, sie war in erster Ehe mit einem wohlhabenden Bürger Seligenstadts verheiratet. Sein Vater war Hamann Momilingen. Der Vater oder beide Eltern starben 1450 oder 1451, vermutlich infolge einer damaligen Pestepidemie. Über die Eltern fehlen exakte Informationen und Memlings Geburtsjahr ist nicht bekannt, so dass sein früher Lebensweg weitgehend im Dunkeln liegt.

Zuerst wird er 1465 mit dem Erwerb des Bürgerrechts urkundlich in Brügge erwähnt. 1466 bewohnte er dort ein großes Steinhaus in der Sint-Jorisstraat zur Miete, das er wohl 1480 erwarb. Später werden zwei angrenzende Häuser mit Querbau genannt, welche Memling eventuell schon seit Anfang seiner Zeit in Brügge bewohnt hatte. In jenem Viertel lebten damals vor allem Maler und Miniaturisten, darunter auch der Buchillustrator Willem Vrelant.

Memling wäre verpflichtet gewesen, die Freimeisterschaft zu erwerben, ließ sich aber aus unbekannten Gründen bei der Brügger Zunft registrieren und beschäftigte später in seiner Werkstatt auch Gehilfen und Lehrlinge. 1480 wird als Lehrling ein Hannekin Verhannemann genannt, der später nicht weiter in Erscheinung trat. Vier Jahre später taucht ein Passchier vander Mesch als Lehrling auf, der ebenso unbedeutend blieb. Für dieselbe Zeit ist Michel Sittows Lehrzeit in Brügge belegt, der aufgrund von stilistischen Ähnlichkeiten als weiterer Lehrling Memlings in Betracht kommt.

Memlings Frau Anna de Valkenaere schenkte ihm drei Kinder: Jean, Nielkin und Nicolas. Sie starb 1487. Memling starb 1494 und wurde auf dem Kirchhof St. Ägidius in Brügge beerdigt. Die Kinder waren ein Jahr nach Memlings Tod noch minderjährig (unter 25 Jahre alt) und blieben bis 1509 auf dem Anwesen in der Sint-Jorisstraat.

Nachleben

Denkmal für Hans Memling an der Kunsthalle Hamburg
Büste des Malers in der Walhalla mit falsch geschriebenem Nachnamen Hemling, Bildhauer Franz Woltreck (1841)

Das Andenken Memlings wurde zunächst in seinem Geburtsort Seligenstadt bewahrt, wo im frühen 16. Jahrhundert noch Messen für ihn gelesen wurden. Danach geriet er vorerst in Vergessenheit.

Als sein Hauptwerk haben sich vor allem Gemälde im Johannishospital zu Brügge erhalten, so dass sich bei seiner Wiederentdeckung zunächst eine rührselige Legende um den Maler spann, der die Gemälde im Johannishospital nach einer wundersamen Heilung geschaffen haben soll. Diese Legende hielt sich lange Zeit und wurde später von weiteren Malern auch bildlich umgesetzt.

Zeitweise ist er auch als Hemeling fehlinterpretiert worden, bevor die neuere Forschung die Hospitalslegende und den falschen Namen widerlegt hat. Als Hemling ist seine Porträtbüste in der Walhalla bei Regensburg bezeichnet; das Denkmal an der Fassade der Hamburger Kunsthalle trägt den Namen Memling.

2002 wurde der Asteroid (9562) Memling nach ihm benannt.[1]

Stil

Aus seinen Werken geht hervor, dass er unter oder nach Rogier van der Weyden ausgebildet wurde. Er milderte jedoch dessen Herbheit und gab seinen Figuren weniger gestreckte Formen. Trotz mancher Eckigkeiten und Magerkeiten zeigen sie anmutige Bewegung und ihr zarter Seelenausdruck sowie ihre tiefe und wahre Empfindung fesseln den Beschauer mit großer Macht. Die naive Liebenswürdigkeit seines Erzählens, seine vollendete Meisterschaft in der Farbe und Modellierung und seine zarte Sorgfalt in der Behandlung stehen in seiner Zeit einzig da, weshalb ihn auch die Italiener besonders bevorzugten.

Neben der Erschaffung religiöser Werke zeichnet sich Memling auch als ein wichtiger Erneuerer der profanen Porträtmalerei aus. Mehr als ein Drittel seines erhaltenen umfangreichen Werkes besteht aus Bildnissen dieser Gattung. Der Kunsthistoriker Dirk de Vos schließt aus dem Vergleich von Werkgruppen verschiedener zeitgenössischer Künstler, dass Memling – gestützt auf die Kunst des Jan van Eyck und des Rogier van der Weyden – die Basis für das Renaissancebildnis in den Niederlanden geschaffen hat. Ein im Städel in Frankfurt am Main aufbewahrtes Blumenstillleben Memlings gilt als das früheste seiner Art.[2]

  • Dreikönigsaltar, um 1470, Madrid, Museo del Prado
    Dreikönigsaltar, um 1470, Madrid, Museo del Prado
  • Diptichon von Jan du Cellier, Louvre in Paris
    Diptichon von Jan du Cellier, Louvre in Paris
  • Ursula-Schrein in Brügge
    Ursula-Schrein in Brügge
  • Diptychon mit Muttergottes und Stifter, Alte Pinakothek München
    Diptychon mit Muttergottes und Stifter, Alte Pinakothek München
  • Jungfrau mit Kind und Hl. Katharina und Barbara
    Jungfrau mit Kind und Hl. Katharina und Barbara
  • Bathseba im Bade
    Bathseba im Bade
  • König David und ein Knabe
    König David und ein Knabe
  • Maria mit dem Kind, Gemäldegalerie Berlin
    Maria mit dem Kind, Gemäldegalerie Berlin
  • Thronende Maria mit dem Kind, Gemäldegalerie Berlin
    Thronende Maria mit dem Kind, Gemäldegalerie Berlin
  • Thronende Maria mit dem Kind, Gemäldegalerie Berlin
    Thronende Maria mit dem Kind, Gemäldegalerie Berlin

Werke

Blumenstillleben, um 1485, Madrid, Museo Thyssen-Bornemisza
  • Im Louvre in Paris hängt eines seiner berühmtesten Gemälde: Das Porträt einer alten Dame mit Haube (1470/75). Es ist Teil eines Doppelporträts, dessen Pendant in Berlin aufbewahrt wird. Gemeinsam ergeben die Portraits das „Bildnis eines alten Ehepaares“.
  • Das Jüngste Gericht, 1467–1471, Nationalmuseum (Danzig)

Die Hauptwerke des Künstlers befinden sich im Johannishospital (Hôpital Saint-Jean bzw. Sint-Janshospitaal) zu Brügge:

Mittelteil Der fünf-flüglige Memling-Altar in Lübeck

Literatur

  • Till-Holger Borchert (Hrsg.): Hans Memling – Portraits. Ausstellungskatalog Belser, Stuttgart 2005, ISBN 3-7630-2448-4.
  • Dirk de Vos: Hans Memling. Das Gesamtwerk. Stuttgart/Zürich 1994, ISBN 3-7630-2312-7.
  • Dirk de Vos: Flämische Meister. DuMont, Köln, ISBN 3-8321-7201-7.
  • Ingeborg Dorchenas: Memling, Hans. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 5, Bautz, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-043-3, Sp. 1232–1240 (Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive).
  • Peter Eikemeier: Memling, Hans. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 29–31 (Digitalisat).
  • Joseph Eduard WesselyMemling, Hans. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 21, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 307–309.
  • Hans Gerhard Evers: Dürer bei Memling. Wilhelm Fink Verlag, München 1972. | Inhaltsverzeichnis-PDF
  • Alicia Andrzejewska-Zajac, Magdalena Podgórzak: Hans Memling – The Last Judgement. Muzeum Narodowe w Gdansku (National Museum in Gdansk), Danzig 2016, ISBN 978-83-63185-37-4. Bildband.

Einzelnachweise

  1. Minor Planet Circ. 47165
  2. Sam Segal: Flowers and nature, Netherlandish flower painting of four centurier. ’s-Gravenhage 1990, S. 19.
  3. Roland Krischel: Stefan Lochner: Die Muttergottes in der Rosenlaube. E.A. Seemann Verlag, Leipzig 2013, ISBN 978-3-86502-110-6, S. 44. 
  4. Ina Conzen: Staatsgalerie Stuttgart, die Sammlung: Meisterwerke vom 14. bis zum 21. Jahrhundert, Hirmer, München 2008, ISBN 978-3-7774-7065-8.

Weblinks

Commons: Hans Memling – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Normdaten (Person): GND: 118580647 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n50013910 | VIAF: 36926265 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Memling, Hans
ALTERNATIVNAMEN Mimmelynghe, Jan van; Memmelinc, Johannes; Memlinc, Johannes; Hemling, Hans (Falschschreibung)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Maler der niederländischen Schule
GEBURTSDATUM zwischen 1433 und 1440
GEBURTSORT Seligenstadt
STERBEDATUM 11. August 1494
STERBEORT Brügge